Donnerstag, Januar 11, 2007

Nachtflug nach Santiago

Servus Esteban!

Backpack ist gepackt! Hat einige schlaflose Stunden gekostet, bis ich alles entgegen jegliche Naturgesetze verstaut hatte. Die Herausvorderdung bestand u.a. auch darin, daß mein Rucksack 15 l kleiner - verglichen mit deinem - ist.
Hier eine unvollständige Liste meiner (bzw. auch deiner zukünftigen) Strandgüter:

- 1 Monsterschlafsack + 1 Hüttenschlafsack
- 2-Mann-Zelt
- 2 Paar Teleskop-Stöcke
- 2 Paar Winterhandschuhe
- 2 Hochgebirgshosen
- 1 Hochgebirgsjacke
- 2 Paar Funktionsunterwäsche
- 1 Riesensparrennagel (außen angebracht)
- 1 Paar Bergschuhe
- 1l-Thermoskanne, Wasserbehälter (für 2,5l)
- 4 Jahreszeiten-Thermarestmatte
- Fleece
- Hygiene-Zeugs, Handtuch, kurze Hose
- unnütze Sachen: 0
- Notfallmedis (falls ich ein Höhenlungenödem bekomme)
- Buch (für schlaflose Nächte falls du ein Höhenlungenödem bekommst)
- Mütze
- T-Shirts: 0

En 24 Oras bebimos unas cervezas!
Hasta pronto.Schindi

PS: Habe dann doch noch eine Badehose eingepackt, nicht dass jemand auf die Idee kommt, auf der anderen Halbkugel waere gerade NICHT Sommer.




Nachtflug nach Santiago
Zuerst mal an den Sperrgepaeckschalter. War ja absehbar. Doch dann war auch dieses Hindernis ueberwunden. Noch 2 Std. zuvor, nach der letzten Skype-Session mit Esteban alias BoB, haette ich am liebsten den gesamten Rucksack zu Hause gelassen.
Auch das eine T-Shirt, das ich dann doch noch in ein Vakkum – aufgetreten wohl durch eine durch meine Gepaeckmasse hervorgerufenen Unregelmaessigkeit des Raumes innerhalb der unendlichen Weiten meines Rucksacks – gezwaengt hatte, haette ich ebenso gut in der Hosentasche unterbringen koennen.

Doch Chile besteht eben nicht nur aus 40° im Schatten. Auf die Nordhalbkugel projeziert, wuerde die Laengsausdehnung etwa dem Gebiet zwischen Sylt und der suedlichen Sahara entsprechen. Der suedamerikanische Kontinent ist die einzige Landmasse, der sich fast bis in das suedliche Eismeer erstreckt; Feuerland liegt 3500 km weiter suedlich als Suedafrika und 1500 km weiter suedlich als Neuseeland.
Nirgendwo sonst ist man der Antarktis, dem Gefrierschrank der Erde, so nahe.

Also, auf zu neuen Abenteuern. Allein schon der Gedanke, das Equipement auf dem Balkon der Wohnung in der Calle los Alpes en el barrio las Condes auszuprobieren – unserem ersten Basislager, kommt mir abenteuerlich vor.

Es geht los. Willkommen an Board. Nachtflug nach Santiago. “Senioras z Seniores, buenas noches”. Bitte schliessen sie die Augen und lassen Sie sich auf diese Reise mitnehmen, zu neuen Abenteuern, zu neuen Episoden.

“Das Leben ist nicht das, was wir leben; es ist das, was wir uns vorstellen zu leben.”

Der besondere Aspekt einer Reise sellt die Intensitaet des Lebens, des Erlebens dar. Gereist sind wir alle schon und kennen das. Doch es geht dabei nicht nur um Reisen in ferne Laender, sondern auch um Reisen in die entlegensten Winkel unserer selbst. Der spezielle Aspekt dieses Abenteurs ist, dass wir das zusammen erleben warden.
Jetzt kennen wir uns schon solange, haben viele Abenteuer zusammen bestanden, sind an uns gewachsen. Um nur einen Punkt herauszugreifen: Die Gruendung der WA-self-promoting-AG (der Boersengang soll kurz bevorstehen – ein Selbstlaeufer). An der Apres-Bar kam – durch den tiefen Schnee – Dostojewski den Hut hebend vorbei: “Sehnsuechtig gruesst der, der ich bin, den, der ich sein koennte”.
Immerhin haben wie dadurch reichlich an Erfahrung gewonnen, sind reifer geworden. Boese Zungen leugnen das, sprechen von Abgruenden oder gar Alkohol, aber diejenigen stehen ausserhalb.

Mag ja erschreckend sein, uns auf einer Promo-Tour anzutreffen. Aber als Aussenstehender sieht man nur den Moment, das Jetzt. Er erkennt nicht die Innere Weite, kennt nicht die Sicht des eigenen Inneren, die sich nicht auf die Gegenwart beschraenkt, sondern sich weit in die Vergangenheit hinein ausbreitet. Und nicht nur in der Zeit sind wir ausgebreitet. Auch im Raum erstrecken wir uns weit ueber das hinaus, was sichtbar ist. Es ist ein unsinniger Fehler, wenn man sich auf das Hier und Jetzt konzentriert in der Ueberzeugung, damit das Wesentliche zu erfassen. Worauf es ankaeme, waere, sich sicher und gelassen in der zeitlich und raeumlich ausgebreiteten inneren Landschaft zu bewegen.

Die Abenteuer ermoeglichen es einem, auf eine sehr intensive Weise, sich nicht nur aeusserlich ausbreiten zu koennen, sondern auch innerlich, sich innerlich zu verfielfaeltigen, die Moeglichkeit zu gewinnen, weitlaeufige Ausfluege in sich selbst zu unternehmen und die entlegeneren Winkel zu entdecken.

Es geht also auch um die Abenteuer unserer Seelen auf dieser Erde – um Selbsterkenntnis.

Als ich im tiefen Kongo reiste, dem Herzen der Finsternis, Afrikas, traf ich Kurtz auf einem Baumstamm sitzend – er, der wohl bis zum Herzen seines dunkelsten Inneren vorgestossen ist. Ihr haettet ihn hoeren sollen, wenn er “Mein Elfenbein” sagte. O ja, ich hoerte ihn. Es liess mich den Atem anhalten, in Erwartung, die Wildnis koenne in ein ungeheures, schallendes Gelaechter ausbrechen, das noch die Fixsterne erschuettert haette. Alles gehoerte ihm – doch darauf kam es nicht an. Wichtig war, zu wissen, wem er angehoerte, wie viele Maechte der Finsternis ihn als Eigentum beanspruchten. Das war die Ueberlegung, bei der einem das Gruseln kam. Doch die Wildnis hatte ihn frueher durchschaut und fuerchterliche Rache an ihm genommen; sie hat ihm Dinge ueber ihn selber zugefluestert, die ihm unbekannt waren, Dinge, von denen er gar keinen Begriff hatte. Seine Selbsterkenntnis entspach einer “Ernte unausloeschlicher Reue” – doch solche Aspekte wollen wir hier gewissentlich vernachlaessigen.

Das Flugzeug landet sanft, nichts erschuettert unsere Vorstellungskraft.

Senioras y Seniores – hemos llegado en Santiago. Son las 9 y media de la manana y la temperatura es de 16 grados. Gracias por viajar con WA-Airlines. El nombre de WA vos enviarmos un buen dia.

WA – Oxymeron und Synonym fuer Ampliadao interior.
Imma vorn – imma King
Imma tiefer & weiter