Donnerstag, November 02, 2006

Aus dem Leben eines Tageloehners Teil 1 - Promotion job

Sydney, Mates Place, 3. Stock, Bett - oben, Name: DerBoB, Beruf: Globetrotter, Mission: Need job! So koennte meine Bewerbung hier lauten und so aehnlich steht das auch am schwarzen Brett der Rezepetion, mittlerweile aber nicht mehr sichtbar, da Name und Zimmernummer von anderen Jobgesuchen oder Autoverkaufsanzeigen laengst verdeckt werden. Ein recht passendes Bild fuer die Erfolge meiner Jobsuche, untergegangen in der Masse. Dabei hatte alles so euphorisch begonnen, noch am Tag meiner Ankunft, gleich den ersten Job klargemacht. Mein Ehrgeiz mit dem Geld verdienen direkt loszulegen bringt mich dazu gleich den ersten Verkaeufer, einer mir sehr interessant erscheinenden Promotionaktion, nach seinem Arbeitgeber auszufragen. Liam, mein irischer Zimmerkollege, moechte mir zwar viel lieber sein Produkt verkaufen, doch schliesslich sieht er ein, dass ich besser direkt ins Promotionteam aufgenommen werde. Die Idee ist einfach und gut. Wir verkaufen ein Infoheft zu den 10 besten Bars und Clubs in Sydney, mit 10 passenden Getraenkegutscheinen, fuer 10A$. Das Beste dabei, 2x die Woche gibt es eine Tour in 4 der Bars/Clubs ohne weitere Eintrittskosten. Gerade in der Stadt angekommen, scheint mir die Idee bei Backpackern bestens anzukommen und unschlagbar guenstig bei den sonst ueblichen Preisen. Das muss sich doch wie von selbst verkaufen, denke ich mir und stehe kurz darauf, ausgestattet mit 20 der besagten Promotionhefte in den Strassen von Kings Kross. 20 Hefte haben einen Verkaufswert von 200A$, die werden 50:50 aufgeteilt, fuer mich waeren das also schnell verdiente 100A$, der Rest geht an die Veranstalter. Von blanker Begeisterung, bodentiefer Produktueberzeugung und der festen Zuversicht die 20 Hefte in kuerzester Zeit in bares Geld umzuwandeln, bringe ich noch einen weiteren Mitstreiter ins Rennen. Antoine, mein franzoesischer Zimmergenosse stehen mir zu Seite bei meinen ersten, zaghaften Verkaufsversuchen. Zunaechst bleiben wir auf unseren Heftchen sitzten wie auf Blei. Die meisten Passanten wollen nichtmal zuhoeren um was es geht. Natuerlich macht es die Fremdsprache nicht einfacher, aber um wirklich zu verkaufen, muessen wir erst noch mehr ueber unser Produkt erfahren und eine Verkaufsstrategie entwickeln. Wir treffen auf einen anderen Promoter. Der ist absoluter Profi in seinem Geschaeft und weiht uns voller Leidenschaft in die hier ueblichen Phrasen und Tricks ein. Erstaunlich, wie schnell der Profi vorbeieilende Passanten richtig einschaetzen kann und dann mit der passenden Botschaft erst Aufmerksamkeit erzielt, dann Interesse und Begehren weckt und schliesslich auch wirklich den Sack zumacht und verkauft. Wie aus dem Lehrbuch von Lewis, 1898 (Das AIDA-Konzept also doch noch nicht reif fuer das Museum?). Genauso habe ich mir meine Verkaeufereinlage vorgestellt. Antoin hat auch eine sehr interessante Verkaufstrategie entwickelt, sehr franzoesisch und nur wirklich gut bei Damen anwendbar. Antoins Verkaufseinlagen funktionieren auch nur wirklich gut auf der Grundlage von Original Marseiller Pastis. Gluecklicherweise kommt Antoin gerade aus Franz. Neukaledonien und hat eine Flasche Pastis im Gepaeck. Schliesslich werden die Strassen leerer, der Pastis auch, und wir haben der unfassbaren Menge von mindestens (grob geschaetzten) 500 Passanten, die Vorteile von unserem Gutscheinheftchen naeher gebracht. Davon haben sich dann auch zwei wirklich endgueltig zum Kauf eines solchen durchringen koennen. Antoin hat beide verkauft. Nach studenenlangen Pastisinspirierten Verhandlungen auf franzoesisch, vermute ich das die beiden Landsmaenner eher aus Mitleid, statt echter Kaufueberzeugung gehandelt haben. Die meisten der mindestens 500, nennen wir sie mal potenziellen Kunden, basieren zwar auf meiner Akquise, jedoch konnte ich fatalerweise keinen einzigen Verkaufsabschluss erzielen. Der naechste Tag bringt dann ein wenig Licht ins Dunkle. Manchmal nuetzt es eben nichts, wenn die besten Verkaeufer, mit einem gutem Produkt, zur falschen Zeit, am falschen Ort stehen. Finanziell langfristig gesehen ein Disaster, kurzfristig hatten wir trotzdem einen riesen Spass dabei. Mit dem Absatz ging es dann auch ein wenig aufwaerts und ich konnte noch weitere unfassbare 12 Hefte verkaufen. Antoin konnte leider nicht mehr Zeuge meiner Erfolgswelle werden, da fuer ihn die Reise weiter Richtung Norden ging (Norden - soweit ich mich erinnern kann, meine Trinkflasche riecht heute noch nach Pastis und die ganze Aktion ist bestimmt schon 3 Wochen her).
Freitagabend ist es dann soweit, die Bar- und Club-Tour startet und ich bin natuerlich auch dabei. Positiv ausgedrueckt gibt es noch grosses Verbessungspotenzial bei der Organisation. Um die Hefte gut zu verkaufen haben natuerlich alle Verkaeufer die Erwartungen der Tourteilnehmer ins unglaubliche hinaufgeschraubt. Ich selber muss auch gestehen, bin mit der Einstellung ins Rennen: Die Stadt gehoert uns, rollt den Roten Teppich aus. Neuankoemlinge wissen eben noch nicht, dass man fuer 10A$ in Sydneys Nachtleben hoechstens einen boesen Blick vom Tuersteher bekommt. Jedenfalls war die mangelnde Tourorganisation die ideale Begruendung von weiterer Promotion dafuer abzusehen, sollte sich nicht bald etwas aendern. Der wahre Grund war wohl eher die schockierend erfolgreiche Absatzzahl von 60 Heften fuer Liam, dem irischem Promotiongrossmeister, der immer genau zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, auf die richtige Zielgruppe fuer seine Heftchen gestossen zu sein scheint. Die Freude darueber war so gross, dass er zusaetzlich zu seiner Verkaufprovision, in seinem irischen Leichtsinn und der festen Ueberzeugung naechste Woche 120 Hefte zu verkaufen, gleich noch den Veranstalteranteil mitverfeiert hat. Meine 70A$ Verkaufsprovision-, (Antoin hatte mir seine 10A$ grosszuegig ueberlassen, da sich nachweislich zuviel Pasit im Blut befand, oder er einfach Mitleid mit mir hatte), Siegesfeier viel jedenfalls deutlich bescheidener aus als Liams und hat sich mehr oder weniger auf den Konsum von 3 der Getraenkegutscheine meines Heftchen beschraenkt. Nachdem also die Anfangseuphorie fuer Promotionverkaufsjobs verflogen war und das ganze in ernsthafte Arbeit abdriften zu drohte, war es an der Zeit auf echte Jobsuche zu gehen. Weiter in Teil 2.

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